Datum: 11. Januar 2021 19:32
lutzedd61 schrieb:
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> - Heckscheibenheizung LED am Schalter leuchtet,
> Heckscheibe taut aber nur sehr zögerlich ab
> oder
> - Heckscheibenheizung lässt sich garnicht
> einschalten (LED leuchtet nicht)
>
> Alles Andere funktionierte völlig problemlos,
> auch die Sitzheizungen.
> Batteriespannung im Stand und im Leerlauf schien
> eigentlich normal…
>
> Lösung:
> Die schei§§ Blei-Gel-Batterie, die noch nicht
> „alt“ war, rausgeschmissen und durch eine
> normale, neue Nassbatterie ersetzt; seitdem funzt
> die Heckscheibenheizung wieder problemlos.
> Kurz nach Einsetzen der neuen Blei-Gel-Batterie
> fiel auf, daß jegliche Beleuchtung „pumpte“,
> sogar die Radiobeleuchtung. Starten bei um 0°C
> war immer müde; d.h., der Anlasser drehte zwar,
> aber eben nicht sehr begeistert.
> Die Blei-Gel-Batterie hatte ich mir bei ATU anhand
> deren Fahrzeugvergleichsliste andrehen lassen –
> man hat manchmal schwache Momente
Ich kenne gar keine "Gel"-
Starterbatterien. "AGM"-Batterie schon, aber die sind deutlich teurer als normale Starterbatterien in traditioneller Nasstechnik und weil die im W124 keinerlei Vorteile bringen, habe ich sie nie verwendet. Gel-Batterien haben normalerweise einen gegenüber Standard-Starterbatterien einen deutlich erhöhten Innenwiderstand, der die Spannung unter der Last des Anlassers weit stärker einbrechen lässt als normal, was dann zu genau dem genannten Problem führt, dass der Anlasser weniger Spannung bekommt (besonders im Winter!) und entsprechend müder dreht.
An dieser Stelle und weil gerade Winter ist, möchte ich noch einmal auf meine guten Erfahrungen mit der "Hochspannungsladung" von Starterbatterien wiederholen. Wobei mit "Hochspannung" im üblichen Sinn hat das natürlich nichts zu tun, die Ladespannung ist nur deutlich erhöht (15,5V) und, was das wichtigste ist, die Ladung findet
über 24 bis 48 Stunden statt, ohne vorher abgeschaltet zu werden. Der Effekt ist eine sehr deutlich erhöhte Leerlaufspannung der Batterie und zugleich ein verminderter Innenwiderstand. Dies zeigt, dass durch diese Art der Ladung die im Betrieb unvermeidliche Sulfatierung der Batterie vollständig aufgehoben wird. Selbst weitgehend verschlissene Batterien lassen sich auf diese Weise noch geraume Zeit nutzen. Völlig fertig dürfen sie natürlich nicht sein, denn Wunder kann diese Technik nicht vollbringen.
Praktisch funktioniert das so, dass man kein Lade- sondern ein Netzgerät zur Batterieladung verwendet, welches auf 15,5 bis 16V eingestellt wird (im Sommer weniger, im Winter, bei Kälter, mehr Spannung). Mit dieser Spannung wird die Batterie dann über ein bis zwei Tage versorgt. Die Batterie kann normal im Fahrzeug angeschlossen bleiben, denn die Bordelektrik ist auf Spannungen bis mindestens 17V spezifiziert. Natürlich ist die Lebensdauer von Glühlampen bei dieser Spannung deutlich geringer, aber die leuchten während der Ladung ja nicht. Also keine Angst, dabei passiert nichts unerwünschtes. Nach zwei Tagen erkennt man seine Batterie nicht wieder: Wenn man die Leerlaufspannung der Batterie misst (gemeint ist die Batterie-Schwebespannung, die sich einstellt, nachdem mindestens eine Stunde nicht mehr geladen wurde), wird man regelmäßig Werte von 12,8V und darüber messen - eine Folge der abgebauten Sulfatierung. Auch die Spannung beim Anlassen liegt sehr deutlich über dem, was man sonst beim Anlassen messen kann, entsprechend zügiger dreht der Anlasser den Motor.
In der weiteren Praxis kann man dann feststellen, dass die Batterie nach Entladungen die verlorene Ladung erheblich williger und schneller wieder aufnimmt, als er zuvor der Fall war. Hier wirkt die normale Alltags-Sulfatierung einer gebrauchten Starterbatterie eben stark verlangsamend und wenn diese Sulfatierung abgebaut wurde, arbeitet die Batterie zunächst wieder wie eine frische Batterie. Leider lässt der auffrischende Effekt durch die sich wieder einschleichende Sulfatierung im Betrieb nach mehreren Wochen wieder nach, abhängig vom Verschleißzustand der Batterie und den jeweiligen Betriebsbedingungen, so dass man die Behandlung regelmäßig wiederholen sollte, um die Batterie immer bei optimaler Leistung zu halten.
Dieser Tipp ist ganz besonders für Besitzer von Fahrzeugen mit Standheizungen von Wert, da unter den Betriebsbedingungen 15 Minuten Heizen und dann 30 Minuten Fahren starke Sulfatierung bei Starterbatterien prinzipiell nicht zu vermeiden ist. Eine monatliche Hochspannungsladung über zwei Tage entschärft das Problem aber auf wohltuende Weise.
Als nachteilig sei gesagt, dass es bei stark verschlissene Batterien, je nach deren Vorschädigung, zuweilen vorkommen kann, dass sie durch die Hochspannungsladung einen Zellenkurzschluss erleiden. Eine 12V-Bleibatterie besteht aus sechs Zellen von je 2V Spannung, die in Reihe geschaltet sind und so etwa 12V Batteriespannung ergeben. Hat nun eine Zelle einen Kurzschluss hat die Batterie nur noch etwa 10V und ist dann definitiv schrottreif. Dies ist aber in jedem Fall auf eine vorherige sehr starke Vorschädigung der jeweils schwächsten Zelle der Batterie zurückzuführen, die dann eben die Hufe hochschlägt. Ist daher nicht wirklich ein Schaden, denn die Batterie war dann schon vorher todgeweiht, man wusste es nur noch nicht.
Da ich mich beruflich mit Batterien beschäftige, habe ich entsprechend auch
passende Geräte im Programm. Man kann aber auch andere Netzteile für diesen Zweck verwenden, sofern Spannung und Strom im passenden Bereich liegen. Allerdings muss man beachten, dass Netzteile im Gegensatz zu Ladegeräten keinen Verpolungsschutz besitzen und kaputt gehen, wenn man sie verkehrt herum an die Batterie anschließt. Meinen großen Ladewutzel habe ich deshalb mit einem solchen Verpolungsschutz nachgerüstet, damit auch Leute, die gerne mal Plus und Minus verwechseln, sich nicht nach jedem Versehen gleich einen neuen Wutzel kaufen müssen.
Im Shop stehen Anleitungen zum Download zur Verfügung, die genaue Auskunft darüber geben, wie das alles funktioniert, welche Ladespannung für welche Batterien geeignet ist und was es sonst noch zu beachten gilt. Diese Anleitungen können dort kostenlos als PDF heruntergeladen werden.
Zwei letzte Hinweise noch:
1. Natürlich bewegt man sich bei Ladung mit 15,5 bis 16V über bis zu zwei Tage im Bereich der Überladung. Allerdings ist das bei vorliegender Sulfatierung, die immer eine Folge von langfristiger Unterladung ist, das einzige Mittel, um die gewachsenen Bleisulfatkristalle wieder in ihre Bestandteile Blei und Schwefelsäure aufzuspalten. Es ist möglich, dass die Batterie bei dieser Lademethode leicht gast und deshalb der Elektolytstand im Laufe der Zeit etwas absinkt. Deshalb kaufe ich immer Batterien mit Schraubstopfen, bei denen man leicht etwas Wasser nachfüllen kann. Der Wasserverlust durch eine solche Ladung ist aber sehr gering und macht sich frühestens nach fünf bis zehn solchen Hochspannungs-Ladephasen bemerkbar.
2. Pulser wie der bekannte "Megapulse" sind entgegen der Versprechungen ihrer Hersteller nicht in der Lage, den oben genannten positiven Effekt zu erbringen, wenn sie einfach im Fahrzeug eingebaut werden. Deren Effekt kann nur bei abgeklemmten Bordnetz wirken und ist dann auch eher für sehr stark sulfatierte Batterien sinnvoll, die anders gar keine Ladung mehr annehmen.
Grüße, Tom
Aus Murphys unvollständiger Liste von Kampfgesetzen:
41. Wenn beide Seiten davon überzeugt sind, dass sie bald verlieren werden, haben sie beide Recht.