Datum: 02. Dezember 2019 09:38
Diesel schrieb:
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> Die spezifischen Probleme der Bleibatterien lassen
> sich nicht auf eine feste Ladespannung reduzieren.
> Das sind viele Einzelproblemfelder, die teilweise
> gegensätzliche Anforderungen stellen. Das zeigt
> schon, dass es bei der Ladespannung immer nur auf
> einen Kompromiss hinauslaufen kann. Hinzu kommt im
> PKW, dass da ja auch noch ein Bordnetz mit
> dranhängt, welches ebenfalls Anforderungen an das
> herrschende Spannungsniveau stellt.
>
> Ich will die Problematik der Bleibatterien im
> praktischen Betrieb mal auf drei Faktoren
> runterkürzen, sonst wird das hier tatsächlich
> ein Buch.
>
>
1. Gitterkorrosion
>
> Die Gitterplatten der positiven Elektroden
> bestehen aus Blei. Das Aktivmaterial in den
> Fächern der positiven Platten jedoch aus
> Bleidioxid. Beim Laden hat nun das Bleigitter der
> positiven Platten das unvermeidliche Bestreben,
> sich ebenfalls in Bleidioxid zu verwandeln. Das
> nennt man Gitterkorrosion. Leider ist Bleidioxid
> im Vergleich zu Blei noch krümeliger als
> Eisenoxid (Rost) im Vergleich zu Eisen. Weshalb
> dieser Vorgang unerwünscht ist, weil durch die
> Korrosion die Gitterstrukturen zerkrümeln, die
> gleichzeitig die Stromableiter sind. Hohe
> Ladespannungen beschleunigen den Prozess der
> Gitterkorrosion, weshalb man mit der Ladespannung
> nicht zu hoch gehen sollte. Jedenfalls nicht für
> zu lange Zeiträume.
>
> Abhilfe gegen Gitterkorrosion: Spannung so niedrig
> wie möglich!
>
>
2. Säureschichtung
>
> Beim Laden wird - bezogen auf den Säureanteil,
> nicht auf das Flüssigkeitsvolumen - an den
> Elektroden Schwefelsäure gebildet, beim Laden
> verbraucht. Das hat zur Folge, dass beim Laden die
> (schwerere) gebildete Säure nach unten sinkt und
> beim Entladen das (leichtere) gebildete Wasser
> nach oben steigt. Ergebnis ist, dass die
> Säurekonzentration unten hoch und oben niedrig
> ist. Dies hat großen Einfluss auf Ladbarkeit der
> betreffenden Elektrodenfläche und
> Sulfatierungsneigung und damit auch auf die
> Lebensdauer der gesamten Batterie.
>
> Abhilfe gegen Säureschichtung: Elektrolyt
> durchmischen! Das geht ganz gut durch mutwilliges
> Gasen durch sehr hohe Ladespannung: Die
> aufsteigenden Bläschen mischen den Elektrolyten.
>
>
3. Sulfatierung.
>
> Die Aktivmaterialien einer geladenen Bleibatterie
> sind wie gesagt Blei und Bleidioxid. Zudem spielt
> die Schwefelsäure als Elektrolyt eine wichtige
> Rolle. Wird die Batterie entladen, bildet sich an
> positiven und negativen Platten Bleisulfat als
> normales Entladeprodukt. Soweit ist das kein
> Problem. Problematisch aber ist, dass Bleisulfat
> die Eigenschaft hat, sich im Laufe der Zeit zu
> immer größeren Kristallgebilden
> zusammenzuballen, wodurch das Verhältnis aus
> Oberfläche und Volumen zu Lasten der Oberfläche
> immer ungünstiger wird, was dazu führt, dass der
> elektrische Widerstand solcher Kristalle immer
> weiter ansteigt. Sie werden dadurch zu einem
> elektrischen Nichtleiter. Die Folge ist, dass sich
> solche Bleisulfat-Gebilde nur noch schwer und sehr
> langsam, ab einer gewissen Größe dann aber gar
> nicht mehr aufladen lassen. Die Batterie
> "sulfatiert" also zunehmen, wenn sie nicht in
> kurzen Zeitabständen voll aufgeladen wird.
>
> Abhilfe gegen Sulfatierung: Batterie möglichst
> ständig voll geladen halten. Hierbei hilft eine
> möglichst hohe Ladespannung bei
langen
> Ladezeiten. (Und: Nein - ein "Megapulse" hilft im
> Auto zur Reduzierung der Sulfatierung leider gar
> nicht weiter!)
>
> --- Und nun ist der arme Tor so schlau als wie
> zuvor...
>
> Aus dem gesagten folgt bereits, dass es
die
> ideale Ladespannung nicht geben kann. Allerdings
> sind die Bedingungen im PKW üblicherweise so,
> dass die Batterie sich schon im Stand selbst
> entlädt und auch vom Fahrzeug im Stand langsam
> entladen wird. Deshalb ist es wichtig, den
> "Ruhestrom" des Fahrzeugs einmal zu messen,
> besonders wenn man hartnäckige Batterieprobleme
> hat. Denn je geringer der Ruhestrom ist, desto
> besser für die Batterie-Lebensdauer. Ein paar
> wenige Milliampere sind tolerierbar, 20mA wohl
> (leider) normal, 50mA aber schon zu viel. Misst
> man noch höhere Ruheströme, sollte man deren
> Ursache finden und beseitigen, oder man kauft
> dauernd neue Batterien.
>
> Fährt man recht selten oder nur kurze Strecken,
> wird die Batterie nie voll aufgeladen, weil eine
> randvolle Aufladung immer wenigstens 12h dauert.
> In der Folge beginnt eine ungepflegte Batterie im
> PKW zwangsläufig zu sulfatieren. Sie verliert
> dadurch mehr und mehr Kapazität.
>
> Das beste Mittel die Sulfatierung wieder
> zurückzuführen und in der Folge weitgehend zu
> verhindern, ist die regelmäßige Aufladung mit
> deutlich
erhöhter Spannung und über
>
längere Zeit. Also müsste man ein
> geeignetes Ladegerät wenigstens alle paar Monate
> mal für mehrere Tage anklemmen und randvoll
> aufladen. Aber nicht nur, bis Standard-Lader
> "Full" behaupten, sondern bis alles Bleisulfat
>
wirklich wieder in Blei und
> Bleidioxid umgewandelt ist. Man kann eine wirklich
> randvolle Aufladung übrigens daran erkennen, dass
> die Ruhespannung der Batterie deutlich ansteigt.
> Wenn man im aufgeladenen Zustand 12,8V und mehr
> Ruhespannung misst (eine Abklingzeit von 4h nach
> der Aufladung mal vorausgesetzt), kann man davon
> ausgehen, dass die Batterie wirklich voll ist und
> kaum noch Bleisulfat vorhanden ist.
>
> Womit ich nach dem ganzen Kram zur eigentlich
> Frage komme: Welches ist die "richtige"
> Ladespannung eines Lichtmaschinenreglers? Drei
> Antworten kann ich anbieten:
>
> 1. Die 13,8 bis 14,1V des Standardreglers. Weil
> damit passiert nichts, was man dem
> Reglerhersteller zur Last legen könnte: Weder
> kochen damit (intakte) Batterien über, noch
> würden die bei Dauerlauf des Fahrzeugs überladen
> werden.
>
> 2. Die 14,7V oder mehr der Regler moderner
> Fahrzeuge. Weil bei den meisten der modernen
> Fahrzeuge der Ruhestrombedarf wegen der vielen
> Elektronik und Microcontroller schlicht brachial
> ist und man mit der ultrahohen Reglerspannung zwar
> auch nicht mehr viel retten kann, aber wenigstens
> nach Kräften den Ladestrom in die Batterien
> hineinzwingen. Länger halten tun die Batterien
> damit zwar nicht, eher im Gegenteil, aber
> wenigstens sind sie auch nicht dauernd leer.
>
> Oder 3. Irgendwas dazwischen, also 14,2 bis 14,6V.
> Das scheint mir für unsere Fahrzeuge sinnvoll.
> Damit geht man den besten Kompromiss zwischen
> Sulfatierung und Gitterkorrosion ein. Jedoch sind
> weder eine Entmischung der Säureschichtung damit
> möglich, noch die im Normal- und
> Kurzstreckenbetrieb unvermeidlich fortschreitende
> Sulfatierung.
>
> -
>
> Wenn man zusätzlich noch regelmäßig mit
> deutlich erhöhter Spannung (15,2 bis 15,6V) über
> wenigstens 24h am Lade- oder Netzgerät randvoll
> auflädt, holt man das Maximum an Leistung,
> Kapazität und Lebensdauer aus seiner Batterie
> heraus.
>
> Wer weitergehendes Interesse an der Technik von
> Akkus, Batterien und der zugehörigen Ladetechnik
> hat, findet sicher in
>
meinem
> kleinen Forum jede Menge weiterführende
> Infos.
>
> Grüße, Tom
Sehr interessante Erklärung, Tom! Danke dafür!
Gruß
Gebhard
230TE, LPG (BRC Just), Klima, Bj.92, Schalter, 559000km, [Gi]
C 180 T, LPG (BRC Sequent P&D), Elegance, Schalter, Bj.96, 273000km
E220 Cabrio, LPG (VSI Prins), Klima, Leder, Automat, Sportline, Bj.95, 232000km
MZ ES 250/2, Bj.69, mit Einzelsitzen und 5-Gang, Rot-Schwarz
IWL TR150, "Troll-Roller", Bj.63, Lint-Beige